Oha, da haben wir anscheinend zur gleichen Zeit über das gleiche Thema nachgedacht! Fäden verbinden eben...
Ich bin neulich in dem Arbeitsbericht
http://www.vikingeskibsmuseet.dk/filead ... ldsejl.pdf
von Anna Nørgård über eben dieses Thema gestolpert. Die Angaben stehen da auf S. 40-42.
Anna Nørgård hat im Vikingeskibsmuseet in Roskilde von 2006-2008 ein 25 m2 grosses Segel aus Wollgarn auf einem Gewichtswebstuhl gewebt. In dem sehr lesenswerten Bericht steht über Kettgarn:
Kettgarn muss sehr hart gesponnen sein, so dass es 'kinkt' und sich wieder zusammenkrullt. Mit so einem überdrehten Garn kann man aber nicht hantieren, deshalb wird es 'getötet'. Der Begriff 'töten' kommt von dem altnordischen Wort 'døje', im modernen Dänisch 'at døde' oder 'dræber', also 'töten'. Man tötet das Garn, indem man die Spannung, die durch das Überdrehen entsteht, neutralisiert. Das wurde traditionell in Norwegen so gemacht, dass man das Garn straff zu Knäuel wickelte, die wurden in einen Sack gesteckt, in trockenem, warmem Schafsmist vergraben und dort bis zu 3 Wochen belassen. (Hoffmann, M. 1991. Fra fiber til tøj, Oslo. pp. 84 ff).
Alternativ kann man die Knäuel nassmachen und trocknen lassen.
Das Kettgarn für das Segel hatte 417 Drehungen/Meter und wog 195 gr/1.000 m.
Das Schussgarn hatte nur 246 Drehungen/Meter und wog 358 g/1.000 m.
Soweit der Text.
Ich vermute, heute können so wenige mit dem Begriff 'töten' etwas anfangen, weil eben niemand mehr (ausser dem kleinen Stamm der Wollophilen in ... und ...:)) Wollkettgarn spinnt.
Gruss
Iðunn
PS Ich hab übrigens schon mal Wollkettgarn gesponnen. Da wusste ich das mit dem Knäuelwickeln aber noch nicht, sondern habe sie Stränge nass aufgehängt und beschwert trocknen lassen. Ich hoffe inständig, dass das Garn gebrauchsfähig ist.